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Wollerau
20.12.2020
06.05.2022 15:35 Uhr

Ein historisches Ereignis: «Faktorei» in Bäch schliesst

Armin und Trudi Büeler-Weber standen am Samstag nach 61 Jahren zum letzten Mal als Gastgeber in den gemütlichen Stuben ihres Gasthofs «zur Faktorei» in Bäch.
Armin und Trudi Büeler-Weber standen am Samstag nach 61 Jahren zum letzten Mal als Gastgeber in den gemütlichen Stuben ihres Gasthofs «zur Faktorei» in Bäch. Bild: Andreas Knobel
Mit der «Pensionierung» des Wirtepaars Armin (95) und Trudi Büeler-Weber (88) wid das Fisch-Restaurant und damit ein weiteres Kapitel geschlossen.

Wann immer vom Gasthof «zur Faktorei» in Bäch die Rede ist – es ist historisch. Am Samstag geht deshalb auch eine ganze «Epoche» zu Ende: Die «Faktorei» schliesst! Geprägt haben diese Ära Armin und Trudi Büeler-Weber. Seit ihrer Hochzeit im Jahre 1959 wirten sie im familieneigenen Haus, das sind sagenhafte 61 Jahre. Der Hausherr ist denn auch inzwischen 95 Jahre alt, seine Gattin doch auch schon 88-jährig. Damit sind sie wohl nicht nur das dienstälteste, sondern auch das älteste aktive Wirtepaar der weiteren Region.

Fischgerichte als Spezialität

Doch damit ist morgen Samstag Schluss. Den Ausschlag, sich nun definitiv dem Rentnerleben zuzuwenden, hat nicht etwa Corona gegeben. Es seien die Operationen an den Beinen vor zwei Monaten gewesen, die ihr die Tätigkeit in der Küche erschweren bis verunmöglichen würden, erklärt Trudi Büeler. Seit sie in die Familiendynastie Büeler eingeheiratet hat, war sie in der Küche beschäftigt, seit 55 Jahren als Verantwortliche. Ihre Spezialität war stets die Fischküche. Diese Speisen sowie die Gastfreundschaft im besten Sinne des Wortes sorgten dafür, dass die gut 50 Plätze in den zwei «Stuben» der «Faktorei» meist besetzt waren.

Nur schwer in kurze Worte zu fassen sind die Aufgaben, die dabei Armin Büeler über all die Jahre wahrgenommen hat. Der Name «Faktorei» weist nämlich auf eine «Salzfaktorei» hin. Das Haus wurde 1710 durch den Kanton erbaut und 1801 an BüelersVorfahren verkauft. Diese waren seit Beginn – also seit fast 300 Jahren – als Salzfaktoren tätig. Denn der Salzhandel war stets ein Staatsmonopol. 1962 übernahm Armin Büeler dieses Amt von seinem Vater. Damals stand hinter der «Faktorei» auch noch das Salzmagazin, das 1966 abgerissen wurde. Bis 1975, als das Salzmonopol aufgehoben wurde, übte Büeler sein Amt aus.

Seine eigentliche Leidenschaft galt aber dem Wein und den Spirituosen. Legendär waren nicht nur sein Weinkeller, sondern vor allem die Eigenschöpfungen wie der Büeler Alpenkräuter Bitter, der Eier- oder gar der exklusive Schokoladenkirsch.

Zu erzählen hätte Armin Büeler in Anbetracht der geschichtsträchtigen Familientraditionen und des langen Lebens noch ganz viel. Und er tut dies auch gerne – jedenfalls bis er von seiner Frau liebevoll ermahnt wird. Wer sich näher für die Geschichte rund um das Haus und die Familie Büeler interessiert, wird im Buch «Die Faktorei Bäch» fündig, das vor einigen Jahren veröffentlicht wurde und selber ein historisches Dokument darstellt. Einige Exemplare hat Armin Büelernoch bei sich, ein Nachfragen könnte sich lohnen (Tel.044 784 03 16).

Vorläufig kein Restaurant mehr

Nun stellt sich aber die Frage nach der Zukunft. Wird der Gasthof «zur Faktorei » weiterbestehen? «Nein, solange wir leben, wird das Restaurant nicht mehr öffnen», macht Trudi Büeler klar. Das Haus, in dem sie leben und auch sterben wollen, sei für verschiedene Parteien und somit einen Pächter nicht geeignet. Und sie würden ihre letzten Lebensjahre in Ruhe verbringen wollen, sind sich Armin und Trudi Büeler einig, erst recht, da beide körperlich und vor allem geistig noch sehr rüstig sind.

Auch ein Abschiedsfest ist aus naheliegenden aktuellen Gründen nicht geplant beziehungsweise gar nicht möglich. Büelers wissen ja noch nicht mal, ob sie am Samstag nochmals öffnen dürfen, oder ob sie ihre Wirtetätigkeit aus obrigkeitlichen Gründen unfreiwillig einen Tag früher beenden müssen. Nach 61 Jahren mag dies die beiden aber weder zu ärgern noch zu beunruhigen.

Überhaupt lassen sie die Zukunft einfach mal auf sich zukommen. Auch um die langjährigen Angestellten machen sie sich keine Sorgen: «Es sind alles gute Leute, die finden wieder etwas.» Selber vertrauen sie darauf, dass es mit der Institution «Faktorei» eines Tages in irgendeiner passenden Weise weitergehen wird, das sei dann Sache ihrer beiden Söhne. Und da die bald 300-jährige «Faktorei» sowohl innen wie aussen denkmalgeschützt ist, wird sie in jedem Fall noch manche Generation überdauern und weiterhin Zeugnis einer bewegten Wirtschaftsund Familiengeschichte ablegen.

Andreas Knobel, Redaktion March24 und Höfe24