Keine Frage, Michael Hartweg wäre gerne diese Woche an den in Prag geplanten 14. Kongress des Biathlon-Weltverbandes IBU gefahren. «Wir hätten uns gerne den Delegierten nochmals vor Ort präsentiert», sagt der Verwaltungsratspräsident der Biathlon Arena Lenzerheide AG. Doch in diffusen Zeiten der Corona-Pandemie ist es mit dem Reisen so eine Sache. Der Kongress des Biathlon-Weltverbandes IBU wird von Freitag bis Sonntag bloss in digitaler Form abgehalten. «Es ist richtig, den Kongress auch ohne Präsenz der Delegierten durchzuführen, wichtige Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden», sagt Hartweg.
Der «Biathlon-Turbo» ist in Gipfelnähe


Bei den Weichenstellungen für die Zukunft geht es Ende dieser Woche um die Vergabe der Weltmeisterschaften 2024 und 2025. Nur die eine der beiden Wahlen – das letzte Wort haben die Delegierten der IBU-Nationen – ist umstritten. Weil der tschechische Traditionsort Nove Mesto als einziger Anwärter für 2024 Interesse bekundet hat, gilt dessen Wahl als alternativlos. Spannender wird die WM-Vergabe 2025; mit Lenzerheide und dem belarussischen Ort Minsk-Raubichi gibt es zwei Kandidaten.
Hartweg gibt sich vor der WM-Vergabe selbstbewusst. «Unser Angebot an die Delegierten ist gut. Wir konnten unter der Federführung von Swiss-Ski ein überzeugendes Konzept vorlegen. Dies wurde uns bei Inspektionen von Verbandsvertretern vor Ort bestätigt», erklärt der Mann aus Süddeutschland, der bald auch den Schweizer Pass besitzt. Pluspunkte wurden im Januar mit der Ausrichtung der Weltmeisterschaften im Nachwuchsbereich gesammelt. Nicht bloss die erfolgreiche Swiss-Ski-Delegation fühlte sich wohl vor Ort. Hartweg nennt einen weiteren Grund für die intakten Chancen auf den WM-Zuschlag. Er sagt: «Ich respektiere die belarussische Kandidatur mit ihrer ebenfalls guten Infrastruktur. Es wäre aber natürlich ungleich schwieriger, gegen einen bestandenen Ausrichter wie Antholz oder Ruhpolding anzutreten.»
Ohne den unermüdlichen Biathlon-Aktivisten Hartweg an der Spitze wäre eine WM-Kandidatur in Lenzerheide niemals zustande gekommen. Der 47-Jährige Wollerauer verbrachte seine Wochenenden seit jeher gerne in den Bündner Bergen. Besonders angetan hatte es ihm und seiner Familie die Destination Lenzerheide. Als erfolgreicher Geschäftsmann und Mitinhaber der Firma Leonteq kam er als Sponsor mit der Biathlon-Arena in Lantsch/Lenz in Berührung. Vorerst zog er im Hintergrund die Fäden, seit 2015 tut er dies als Stiftungsratspräsident der Biathlon Arena AG offiziell an der Spitze. An seiner Seite spielt Ehefrau Carola Hartweg ebenfalls eine Hauptrolle.
Via WM in den Weltcup?
Die Infrastruktur für den Grossanlass ist vorhanden. Die Herausforderungen abseits der Anlage mit der immensen Logistik und der Hotellerie sind lösbar. Mentor Hartweg würde mit dem WM-Zuschlag mutmasslich zwei Fliegen auf einen Schlag erlegen. «Es ist üblich, dass bei einer WM an einem neuen Ort die Infrastruktur vorher an einem Weltcup geprobt wird», verrät er. Konkret schielt er auf den Januar 2023. Weil die Weltmeisterschaften in diesem Jahr in Oberhof stattfinden, wird folgerichtig der traditionelle Januar-Termin des Thüringer Traditionsorts frei.
Die Vergabe der Weltcup-Veranstaltungen im Olympia-Zyklus 2022 bis 2026 wird von der IBU im kommenden Jahr vorgenommen. Fakt ist, dass es klar mehr Bewerber als Plätze im Kalender gibt. Fakt ist auch, dass die Lenzerheide auf Weltcup-Anlässe im Zweijahresturnus schielt. Hartweg gibt sich selbstbewusst – und scheut nicht den Vergleich mit dem letztjährigen WM-Ausrichter Antholz. «Die Südtiroler sind mit ihrem Bergpanorama und der fantastischen Organisation der Biathlon-Standort schlechthin. Da wollen wir hin. Und dies ist möglich. Die Bündner Berge sind ebenfalls ein Traum. Dass die Lenzerheide Anlässe auf Weltcup- und WM-Niveau durchführen kann, haben die Organisatoren in den letzten Jahren mehrmals bewiesen.»

Plan B in der Schublade
Bleibt die Frage, wie «Biathlon-Turbo» Hartweg einen möglichen abschlägigen Entscheid hinnehmen würde. Er sagt: «Die Vergabe von Grossanlässen ist oft ein Geduldsspiel. Das ist bekannt. Im Falle einer Absage werden wir uns mit Swiss-Ski neu orientieren und voraussichtlich eine Bewerbung für 2028 in Betracht ziehen, nachdem für 2027 aller Voraussicht nach Crans Montana als Ausrichter der Alpin-WM erneut in den Startlöchern steht.»